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Jérôme Kaplan. Ein Porträt des weltberühmten Kostümdesigners

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###Vorhang für „Paquita”

Kostümdesigner sind Leute, die Stücke ausstatten, die sehr berühmte Kostümdesigner vor ihnen ausgestattet haben. Kostümdesigner sind außerdem Leute, die Stücke ausstatten, die sie selbst bereits ein oder mehrere Male ausgestattet haben.

Jérôme Kaplan weiß, wie man die Klippen, an denen Kreativität zerschellen kann, umschifft, und auf Kurs bleibt. Léon Bakst, den großen Ausstatter der Ballets Russes, Jürgen Rose, der mit John Cranko „Onegin“ schuf, das berühmtste Handlungsballett des zwanzigsten Jahrhunderts und Ezio Frigerio, der für Giorgio Strehler und Rudolf Nurejew arbeitete, nennt er als seine größten Vorbilder. Der 1964 geborene und in Paris lebende Kaplan zählt wie sie zu den wenigen Ausstattern, deren Bühnen- und Kostümbilder weder vor dem Tanz kapitulieren noch ihn visuell dominieren wollen. Begonnen hat er in Oper und Schauspiel, aber in der Ballettwelt hat er einen Namen, seit er für Jean-Christophe Maillot, Bertrand d’At, David Nixon und Alexei Ratmansky entwarf. Was ihm gelingt, ist, einen seltenen Sinn für Schönheit, für Farben, Proportionen, Stoffe, zu verbinden mit einem absolut authentischen, historisch informierten Stil. Fake gibt es bei ihm nicht. Monatelang sitzt Kaplan in Kostümbibliotheken, studiert Uniformen des neunzehnten Jahrhunderts, zeichnet Details von Ballkleidern ab, exzerpiert, kopiert. Ganze kostbare Autographen in unhandlichen Formaten füllt er mit Vorschlägen, skizziert, koloriert, befestigt passende Stoffmuster an den Seiten. Wochenlang arbeitet er daran, die historischen Inspirationen so zu adaptieren, dass seine wichtigsten Kriterien erfüllt sind. Seine Entwürfe müssen den Tänzern volle Freiheit in der Bewegung lassen, trotzdem müssen sie angezogen aussehen, angekleidet, nicht kostümiert. Im Ballett so Kaplan, müsse eine Figur sofort eindeutig identifizierbar und charakterisiert sein durch das Kostüm, denn Sprache fehle ja.

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In der Tat, die Figuren sprechen einander nicht mit Namen an, bevor sie zu ihrem Pas de deux ansetzen. Zeit und Ort der Handlung müssen erkennbar sein. So tief sich Kaplan auf das Studium der historischen Vorlagen einläßt, so elegant und zeitgenössisch übersetzt er diese in seine eigene Handschrift und mit ihr in das ästhetische Verständnis der Gegenwart. Die großen Handlungsballette, die er ausstattet, werden mit unvorstellbarer Sorgfalt produziert, und sie sind darauf ausgelegt, mindestens ein Jahrzehnt im Repertoire zu bleiben. Manchmal werden sie auch zwanzig oder sogar dreißig Jahre gespielt. Kaplans Antwort auf die Ungewissheit im Hinblick auf den Geschmack der Theaterwelt fünfzehn Jahre von heute ist Purismus. Alles muß schlicht und stilsicher wirken.

Im Augenblick steht Jérôme Kaplan vor zwei großen Premieren. Am 13. Dezember feiert „Paquita“ in München Premiere, die Rekonstruktion des berühmten Balletts von Marius Petipa, die das Bayerische Staatsballett in die Hände des besten klassischen Choreographen unserer Zeit gelegt hat, in die Hände von Alexei Ratmansky. Hier hat Kaplan Bühnenbilder geschaffen, die dreidimensionale Elemente einschließen und so wesentlich aufregender in die phantastische Ballettwelt des neunzehnten Jahrhunderts entführen als Hintergrundprospekte oder Videoprojektionen allein es vermöchten. Am 18. Dezember hebt sich der Vorhang über einem „Nußknacker“, den er für die Mailänder Scala entworfen hat.

Mit Ratmansky, den er kennenlernte, als das Bolschoi-Ballett in Paris gastierte, hat er bereits zwei Mal zusammengearbeitet. 2010 brachten die beide „Don Quichote“ bei „Het Nationale Ballet“ in Amsterdam heraus, und 2011 feierten sie die Premiere des Balzac-Balletts „Illusions perdues“ in Moskau. www.jeromekaplan.com

###Jérôme Kaplan

von huester erschienen in Aufforderung zum Tanz ein Blog von FAZ.NET.


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